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Fernwärme

7.13 Wesentliche Barrieren für die Integration alternativer Wärmequellen in Wärmenetze

Die bestehenden Netze in Österreich sind im Regelfall nicht für eine signifikante Einspeisung der genannten Wärmequellen ausgelegt. Ursache ist, dass die genannten Quellen oftmals dezentral vorliegen und/oder ein niedriges Temperaturniveau haben und/oder zeitlich nicht (oder nur schwer) kontrollierbar sind. Konkret sind folgende Barrieren zu nennen:

Viele Wärmenetze weisen eine Strahlen- bzw. Baumtopologie auf, in der eine dezentrale Einspeisung bzw. Lastumkehr nicht bzw. nur mit erhöhtem Aufwand möglich ist. Des Weiteren sind die Betriebsstrategien und Regelungskonzepte nicht auf eine hohe Zahl dezentraler Erzeuger ausgelegt. Auf dieses Thema werde ich in Woche 8 noch ausführlicher eingehen.

Aufgrund der geringen technischen Effizienz vieler Kundenanlagen (hohe Vor- und Rücklauftemperaturen im Wohnbau, bei gewerblichen und industriellen Verbrauchern) und zur kosteneffizienten Übertragung der benötigten Wärmemenge werden im Allgemeinen relativ hohe Vorlauftemperaturen im Wärmenetz eingestellt. So werden viele Wärmenetze heutzutage mit Vorlauftemperaturen zwischen 70 °C im Sommer und 120 °C, z. T. auch bis zu 160 °C (Wien) im Winter betrieben. Die Rücklauftemperaturen liegen im Allgemeinen zwischen 55 und 65 °C. – Siehe dazu auch den Abschnitt 7.9 „Niedertemperaturfernwärme/die 4. Generation der Fernwärme“!

Es liegen oftmals relativ geringe Speicherkapazitäten im Netz vor, da die traditionell dominierenden thermischen Kraftwerksparks sich den Verbraucherprofilen relativ gut anpassen lassen bzw. kostengünstige, fossil betriebene Spitzenlastkessel vorgehalten werden. Dies gilt insbesondere für langfristige (Wochen bis Monate) bzw. saisonale Verschiebungen, die bei der Integration aller alternativen Wärmequellen eine große Rolle spielen.

    Während kurzzeitige Fluktuationen wirtschaftlich gut ausgeglichen werden können (auch auf dieses Thema werde ich in Woche 8 ausführlicher eingehen), ist die Langzeitflexibilisierung (Wochen bis Monate) die größte Herausforderung. Hierbei wird nicht nur die Verschiebung von überschüssiger Wärme aus der Solarthermie im Sommer in die Übergangszeit adressiert, sondern auch die Optimierung der Auslastung von Wärmepumpen, industrieller Abwärme und Müllverbrennung (Letztere mit Bandlast bzw. „must-run“-Kondition). Dies ist insbesondere in Kombination mehrerer Quellen, die die Sommerlast überschreiten, relevant.

    Zum Einsatz von Saisonalspeichern liegen bereits langjährige Erfahrungen in Dänemark, Deutschland und anderen Ländern vor, hierbei werden Erdsonden, Behälter (Tankspeicher), Erdbecken und (seltener) Aquifere eingesetzt. Jedoch handelt es sich bei diesen Systemen oft um kleinskalige Netze mit niedrigen Temperaturniveaus. Barrieren für den Einsatz von saisonalen Wärmespeichern in urbanen Wärmenetzen sind die hohen Investitionskosten, die niedrigen maximalen Temperaturniveaus und der hohe Platzbedarf.

    So würden Saisonalspeicher für das Grazer oder Linzer Fernwärmenetz, die ca. 20–25 % des Wärmebedarfs speichern können, ein Volumen von ca. 1.800.000–2.000.000 m³ aufweisen, was in etwa der Größe des Wiener Ernst-Happel-Stadions entspricht. Die Baukosten für den Speicher in Linz (ohne Einbindung Fernwärmenetz) belaufen sich auf ca. 70–90 Mio. Euro (Muser, C, 2016).


    Sind die folgenden Aussagen richtig oder falsch?