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Handlungsfeld: Gebäudebestand

Exkurs: Raum- und Gebäudebestand – Strukturen und Nutzungen

Die Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten beziehungsweise die so bezeichnete Nutzungsneutralität stellt ein wesentliches Qualitätskriterium eines Gebäudes dar. Die Nutzungsneutralität eines Gebäudes kann anhand der Gebäudestruktur bewertet werden. Die Gebäudestruktur ihrerseits kann über ihr widerstandsarmes Verhalten bei baulichen Eingriffen zur Änderung der Organisation der Gebäudenutzung beschrieben werden.

Um die Nutzungsneutralität eines Gebäudes beurteilen zu können, muss die Gebäudestruktur bekannt sein. Um einen Überblick des diesbezüglichen Entwicklungspotentials der Gebäude im Quartier zu bekommen, kann eine Aufnahme und Erstellung eines Gebäudestrukturkatasters in Anlehnung an den Nolli-Plan sinnvoll sein.

Der Nolli-Plan wurde im 18. Jahrhundert von Giovanni Battista Nolli als „Der große Plan von Rom“ erstellt und weist die damalige Bebauungsstruktur auf städtischer Ebene aus. Dieser Plan weist alle öffentlich zugänglichen städtischen Räume bezogen auf die Geschossebene des Erdgeschosses beziehungsweise des Geländes aus. Aus heutiger Perspektive liefert der Nolli-Plan jedoch keine ausreichenden Daten zur Beurteilung des Bestandes. Um eine ausreichende Datenlage zu generieren muss ein Kataster angelegt werden, der die Gebäude in ihrer Gebäudestruktur ausweist.

Eine sinnvolle Bezeichnung hierfür wäre Gebäudestrukturkataster kurz Gebäudekataster. Ein Gebäudekataster erweitert die Information des Nolli-Plans um mehrere bedeutsame Aspekte. Ein für die Planung herauszuhebender Aspekt wären alle erschließbaren Räume, unabhängig davon, ob sie (zurzeit) öffentlich zugänglich sind oder nicht. Dieser Gebäudekataster stellt damit seinerseits die Aktualisierung des räumlichen Potentials (bebauter Raum/unbebauter Raum – öffentlich/privat), kurz das Raumnutzungspotential im gesamten Quartier dar.

Der Gebäudekataster kann somit als Grundlage zur Erstellung eines Kataloges von wünschenswerten Nutzungen im Quartier verwendet werden. Somit können beispielsweise auch vorhandene Nutzungen anhand dieses Katasters aufeinander abgestimmt und zudem eine mögliche Umsetzung von wünschenswerten Nutzungen anhand des Raumpotentials der Gebäude untersucht werden.

Ein Gebäudekataster muss auf der Grundlage der jeweiligen Ausführungspläne beziehungsweise der tatsächlichen Ausführung der Gebäude erstellt werden. Da es aus ökonomischen Gründen unmöglich ist jedes Gebäude vor Ort auf zu messen bietet sich eine stichprobenartige Überprüfung der jeweils vorhandenen Pläne an.

Diese Überprüfung wird nach bestimmten Kriterien durchgeführt. Zuerst wird der Ausbauzustand mit den Plänen hinsichtlich plangetreuer Ausführung überprüft. Danach werden die Gesamtmaße der jeweiligen Gebäude kontrolliert. Die dritte Genauigkeitsstufe beinhaltet die Hauptmaße der Gebäudestruktur. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um die um die konstruktiven Gebäudeteile und die jeweiligen Ver-/Entsorgungsleitungen.

Um das gesamte Umbaupotential, also die Möglichkeit zur Veränderung bei akzeptablem Aufwand einschätzen zu können hilft es eine Bewertung des bautechnischen Aufwandes vorzunehmen. Als akzeptabel gilt hierbei ein möglichst geringer Eingriff in die vorhandene Gebäudestruktur bei gleichzeitig signifikanter Erhöhung der Nutzungsneutralität der jeweiligen Gebäude. Das Umbaupotential der Gebäude im Quartier liefert einen ersten Überblick über das Entwicklungspotential des Quartiersbestandes, vor allem im Hinblick auf potenzielle Umnutzungen von privaten zu öffentlichen Räumen und vice versa. Zudem können anhand der erstellten Unterlagen die ökonomischen Rahmenbedingungen für eine Sanierung der betreffenden Gebäude abgeschätzt werden. Diese Abschätzung bildet letztlich auch eine wesentliche Grundlage zur Entscheidung über Erhalt oder Abriss des jeweiligen Gebäudebestandes.