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Weitere Quartiersthemen

11.10 Denkmalschutz und rechtliche Rahmenbedingungen

Aus baurechtlicher Perspektive können sich bestimmte Quartierspezifika auf dessen Entwicklung einschränkend auswirken. Das Veränderungspotential in der Sanierung ist abhängig von den jeweils konkreten baulichen Gegebenheiten vor Ort. Um diese besser abschätzen zu können ist eine maßstabsgerechte (M1:100) Aufnahme der räumlichen Situationen und der technischen Gegebenheiten im Hinblick auf zukünftig notwendige Veränderungen sinnvoll.

Parallel dazu bietet es sich an, die jeweils rechtlichen bindenden Bestimmungen für diese Bereiche darzustellen, um einen realistischen Eindruck für den Aufwand bei Anpassung nach gültiger Rechtslage zu bekommen. Hierbei spielen die bestehenden Denkmäler, historischen Ensembles und der quartierspezifische Gebäudebestand eine entscheidende Rolle.

Die einzelnen Blickwinkel und die daraus resultierenden Vorgaben des Denkmalschutzes sind meist nur Expertinnen und Experten bekannt. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben im Regelfall wenig bis keine Kenntnis über diese Aspekte. Eine Vermittlung dieser durch die damit betrauten Institutionen, wie durch unterschiedliche Gestaltungsbeiräte, beziehungsweise dem Bundesdenkmalamt (BDA) bildet, den rechtlichen Rahmen damit eine verbindliche Grundlage zur Entwicklung der Ästhetik der smart City im Rahmen der Quartierssanierung.

Die Erhebung der historischen Entwicklung des Quartiers bildet die Grundlage zur Beurteilung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Denkmalschutzes. Die betreffenden Unterlagen sind im Regelfall aus den vorhandenen Archiven, den Listen des BDA (Bundesdenkmalamt) beziehungsweise, als grober Überblick, auch der jeweils gültigen Ausgabe des DEHIO-Handbuches zu entnehmen. Das Dehio-Handbuch ist in unterschiedliche Regionen beziehungsweise Städte gegliedert und weist die kunsthistorisch bedeutendsten Kunstdenkmäler dieser Bereiche aus. Für diese Betrachtung relevant sind dies: bestimmte Räume, Ensembles, und Gebäude innerhalb des Quartiers.

Folgende Behörden sind mit den Agenden des Denkmalschutzes betraut (beispielhafte Auflistung):

Ensemble

Als Ensemble wird im Fachbereich der Architektur und des Städtebaus eine Gruppe von Bauwerken beziehungsweise Freiräumen bezeichnet. Was diese Gruppe auszeichnet ist, dass sie eine artverwandte Gestaltung ausweist, die eine anerkannt besondere kulturell ästhetische Qualität darstellt, die ihrerseits als gesellschaftspolitisch relevant angesehen wird. Ensembles sind üblicherweise in einem bestimmten Zeitraum unter ähnlichen kulturhistorischen Rahmenbedingungen entstanden.

Ein aktuelles Beispiel, das Projekt Kaiserstraße in Wien kann unter folgendem Link eingesehen werden: https://www.wien.gv.at/wiki/index.php?title=Kaiserstraße (besucht am 25.07.2017).

Nicht selten weisen Ensembles auch einen historisch nachweisbaren funktionalen Zusammenhang auf. Gerade dieser Aspekt hat jedoch im Laufe der Zeit vielfach an Bedeutung verloren. Sofern sich keine langfristig tragfähige Nutzung für diese Gruppe von Bauwerken findet, drohen sie, sich zu musealen Objekten zu transformieren, da ihre Bausubstanz aufgrund des Denkmalschutzes zwar erhalten werden muss, sich an ihnen aber keine Patina des Gebrauches mehr wahrnehmen lässt. Ganz abgesehen von der notwendigen ökonomischen Verwertung aufgrund der Ausgaben zum Erhalt der betreffenden Gebäude. 

Evaluierung des aktuellen Zustandes und Prüfung der langfristigen Möglichkeiten

Um einen Überblick über die konkreten Eingriffsmöglichkeiten zu erhalten, bietet es sich an, den Denkmalschutz der betreffenden Gebäude anhand des Schutzzonen Planes zu prüfen. Städtische Quartiere sind üblicherweise in Schutzzonen unterschiedlicher Kategorien eingeteilt. Anhand dieser Kategorisierung können konkrete Veränderungsmöglichkeiten eingeschätzt werden. Werden die zu sanierenden Gebäude in diesen Plan eingetragen, können die konkreten baurechtlichen Rahmenbedingungen aufs Erste abgeschätzt werden. In Folge ist der Plan die Grundlage zur Evaluierung des aktuellen Zustandes, sprich die Informationen über den bautechnischen Zustand. Ob das Gebäude In Verwendung ist, wenn ja, die Angabe wie es genutzt wurde beziehungsweise wie es aktuell genutzt wird, oder ob es leer steht. Beziehungsweise letztlich auch die konkrete Angabe über die rechtlichen Rahmenbedingungen bei einer möglichen Veränderung.

Hinsichtlich der Entwicklung des Quartiers wird der Denkmalschutz vielfach als Hemmschuh verstanden, da die Denkmalschutzgesetze die Intention zu neuen Gestaltungen tendenziell einschränken. Zudem ist der Erhalt der Bestandssubstanz ohne die Möglichkeit zur Fortdauer der ursprünglichen Nutzung aus wirtschaftlichen Gründen, sollten entsprechenden Förderungsmaßnahmen der öffentlichen Hand nicht lukriert werden können, meist nicht realisierbar. Um ein entsprechendes Bewusstsein aller an der Entwicklung am Quartier Beteiligten zu erreichen, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen gerade in diesem Sinn allen Interessensgruppen möglichst umfassend zu kommunizieren.

Unter Bedachtnahme auf den erhaltenswerten Bestand, welcher durch den rechtlichen Rahmen des Denkmalschutzes definiert ist, bildet die Zusammenarbeit der Fachdisziplinen der Soziologie, Geographie, Geschichte, Ökologie und letztlich die der Architektur und Stadtplanung eine Schlüsselrolle in der Entwicklung der Identitäten des Quartiers für die Zukunft. Die Herausforderungen liegen hierbei in Strukturierung der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachdisziplinen. Konkret ausgesprochen bedeutet die, dass sich in der Bewertung und nicht zuletzt dem Abgleich der jeweiligen Ergebnisse, in den Schnittstellen zwischen den Fachdisziplinen, ein umfangreicher Bedarf an Koordination besteht. Dies betrifft vor allem die unterschiedlichen Betrachtungsrahmen, aus denen die Ergebnisse der Zusammenarbeit gebildet werden.

Als Beispiele können die Aufnahme und Kartierung der Verteilung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder die Verteilung von Bewohnerinnen und Bewohnern bestimmter sozialer, demographischer und ethnischer Kategorien genannt werden. Erstere behandelt hauptsächlich technisch rechtliche Fragestellungen und ist in jeder Hinsicht berechenbar. Zweitere schließt wesentliche gesellschaftspolitische Entwicklungen mit ein und unterliegt deutlichen Schwankungsbreiten hinsichtlich einer möglichen Abschätzung als Prognose zur Entwicklung des Quartiers.

Generell ist anzumerken, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen der Bevölkerung zugänglich gemacht werden müssen. Dieser Zugang, also die Information über die Datenlage, ist dabei durch fachkundige Repräsentantinnen und Repräsentanten der jeweiligen Fachdisziplinen zu präsentieren beziehungsweise zu moderieren. Der Prozess der Moderation findet üblicherweise im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen statt. Bei sensibler Thematik mit großem Publikumsinteresse und umfangreicher Datenlage wird ein zeitlich ausgedehnter Zugang zu diesen Informationen hergestellt. So werden beispielsweise durch die Einrichtung von Internet Auftritten und/oder die Abhaltung von entsprechenden Veranstaltungsformaten diese Inhalte direkt an Interessierte herangetragen.