Zum Hauptinhalt springen
Sondierungsprojekt – Entwicklung eines Grundkonzeptes

1.6.2 Die Relevanz von hoher Dichte

Im dicht besiedelten urbanen Raum kann es schwierig bis physisch unmöglich werden, den gesamten Energiebedarf des Quartiers ausschließlich auf der der Grundstücksgrenze zu erzeugen.

Im Rahmen des Forschungsprojektes Zukunftsquartier wurde ein Ansatz zur Plusenergie-Bewertung entwickelt, der diesen Umstand berücksichtigt:

Die physikalische Bilanzierungsgrenze ist dabei die Quartiersfläche. Im Kontext des urbanen Raums soll kein netzunabhängiges System geschaffen werde. Die Einspeisung in die Netze (Strom und Wärme) soll bilanziell übers Jahr geringer sein als der Energiebezug aus den Netzen. Bilanziert wird auf Ebene der Primärenergie.

Um den Ansatz in einen nationalen Kontext zu setzen, wurden zwei relevante österreichische Rahmenbedingungen berücksichtigt – das Potential an zentralen erneuerbaren Erzeugungsanlagen und die dichteabhängige Verteilung von dezentraler Erzeugung.

Die Erreichung des österreichischen Ziels „100% erneuerbare Energieerzeugung in 2050“ wird sowohl zentrale als auch dezentrale Erzeugungsanlagen erfordern. Es wird angenommen, dass bei den zentralen Erzeugungsanlagen das technisch-wirtschaftliche Potenzial maximal ausgeschöpft und die hier erzeugte Energie vorrangig für die Deckung des Bedarfs von Industrie und öffentlicher Mobilität herangezogen wird. Der daraus verbleibende Überschuss wird fiktiv auf alle ÖsterreicherInnen aufgeteilt, wodurch jede Person eine gedachte erneuerbare „Energie-Gutschrift“ erhält.

Jener Energiebedarf, der nicht zentral erzeugt werden kann, muss über dezentrale Erzeugungsanlagen bereitgestellt werden. Um den zusätzlichen Bedarf an Netzinfrastruktur klein zu halten, werden diese dezentralen Erzeugungsanlagen sinnvollerweise in räumlicher Nähe zu den Bedarfen in den Gebäuden stehen und diesen zugeordnet werden. Hierbei haben Quartiere mit einer geringen Bebauungsdichte einen Vorteil, da hier verhältnismäßig viel Platz zur (kostengünstigen) Energieerzeugung zur Verfügung steht. Im Unterschied dazu können sehr dichte Quartiere ihren Energiebedarf nicht einmal technisch, geschweige denn wirtschaftlich, vor-Ort selbst abdecken. Um diese unterschiedlichen Ausgangsbedingungen auszugleichen, wurde ein dichteabhängiger Ausgleichsfaktor entwickelt.

D.h. je höher die Geschoßflächenzahl (GFZ), desto niedriger das zu erzielende Saldo der Bilanz. Umgekehrt müssen Quartiere sehr niedriger Dichte (GFZ < 1) nicht nur netto-null, sondern deutlich positive Bilanzen aufweisen. Mit einer GFZ von 4,6 weist das Bauprojekt in der Pilzgasse eine sehr hohe Dichte auf.

Definition Geschoßflächenzahl (GFZ)

Die GFZ gibt das Verhältnis von Bruttogrundfläche aller Geschoße zu Grundstücksfläche an und ist damit ein Maß für die Dichte eines Gebäudes und Quartiers.

Dieser Ansatz ist auch als Ausdruck von „Effort sharing“ zu verstehen: Dichte Quartiere stellen generell auf relativ wenig Grund viel Nutzfläche und Funktionen für viele Menschen zur Verfügung. Gleichzeitig können sie aufgrund ihrer hohen Dichte besser mit umweltfreundlicherem Öffentlichen Verkehr angeschlossen und erreicht werden. Eine hohe Flächen- und Mobilitätseffizienz steht also einer niedrigeren Anforderung an die Eigenversorgung mit Erneuerbaren Energien gegenüber.