Zum Hauptinhalt springen
Sondierungsprojekt – Entwicklung eines Grundkonzeptes

1.6.3 Energieflexibilität

Um das zukünftige erneuerbare und dadurch volatile Energiesystem zu unterstützen, sollen Quartiere über ein hohes Maß an Flexibilität, d.h. verschiebbare Lasten verfügen, um erneuerbare Erzeugungsspitzen (bspw. von Windkraftanlagen) aufnehmen zu können, die sonst nicht im Netz aufgenommen werden könnten. Daher darf auch diese erneuerbare Erzeugung in der Bilanzierung angeführt werden.

Durch die Nutzung von Energieflexibilitäten eines Gebäudes/Quartieres kann der Energiebedarf durch intelligente Nutzung und Regelung zeitlich verschoben werden.

Mehrere Komponenten sollen zur Energieflexibilität beitragen:

  • Betonkernaktivierung als Wärmespeicher über WP und EWS
  • Puffer-/WW-Speicher als Wärmespeicher über WP und EWS
  • Elektrochemische Speicher (Batterien)
  • (E-Mobilität)

Bei Vorhandensein von überschüssiger Energie aus der PV-Anlage oder bei Windkraft-Peak-Shaving werden in der optimierten Variante folgende Demand-Side-Management (DSM)-Maßnahmen ergriffen:

  • In der Heizsaison wird die Gebäudespeicherkapazität genutzt und die Raumtemperatur bis auf 25°C angehoben.
  • In der Kühlsaison wird die Gebäudespeichermasse vorgekühlt, die Raumtemperatur kann bis auf 23°C abgesenkt werden.
  • Die Temperatur des Pufferspeichers Warmwasser wird auf 65°C angehoben. Elektropatronen sind nicht vorgesehen.

Die Regelung erfolgt bei Vorhandensein von PV-Strom wie folgt:

  • In einem ersten Schritt wird der Betriebsstrom inkl. Lüftung und Pumpen gedeckt.
  • Ist zusätzlicher solarer Strom vorhanden, wird damit bis auf die Mindestsollwerte geheizt, gekühlt und Warmwasser bereitet.
  • Ist noch PV-Strom vorhanden, werden die höheren (Heizsaison), bzw. niedrigeren (Kühlsaison) Solltemperaturen angestrebt.
  • Steht noch PV-Überschuss zur Verfügung, wird dieser in das Netz eingespeist.

Ist das Windkraft-Peak-Shaving freigeschalten, werden alle Energiedienstleistungen bis zu den erlaubten Maximalwerten in der folgenden Abfolge gedeckt:

  • Betriebsstrom inkl. Lüftung und Pumpen
  • Heizen
  • Kühlen
  • Warmwasser
  • E-Mobilität, wenn vorhanden

Folgende Abbildung zeigt beispielhaft die Endenergiedeckung einer Februar-Periode im PEQ Ottakringer_leben. Durch die Flexibilität des Quartiers können sonst ungenützte erneuerbare Erzeugungsspitzen direkt genutzt werden. Durch die NutzerInnenflexibilität wird in diesen Zeiten der eigentliche Bedarf überdeckt – für das Beispiel des Heizens heißt das, dass auch, wenn die Soll-Raumtemperatur von 21°C bereits erreicht ist, weiter in die BTA geladen wird, bis zu einer Maximal-Raumtemperatur von 25°C im Winter. Darauffolgende „Dunkelflauten“ (Wind- und sonnenarme Zeiten) können mit der gespeicherten thermischen Energie überbrückt oder ein Betrieb des Heizsystems durch konventionellen Netzstrom hinausgezögert und verringert werden.

Für die Simulationen wurde auf ein bereits umgesetztes Geschäftsmodell eines Windkraftbetreibers zurückgegriffen (WEB, 2018).

Windkraft-Peak-Shaving

Laut Geschäftsmodell WEB wird Windkraft-Peak-Shaving dann eingesetzt, wenn die regional verfügbaren Windparks mehr als 40% der Nennleistung erreichen.

Hinter diesem Geschäftsmodell steht die Annahme, dass bei einem hohen Windkraftanteil an der gesamten österreichischen Endenergieproduktion (ähnlich aber auch für Europa) in einem erneuerbaren Szenario 2050 bei starkem Wind die gesamte elektrische Leistung weit über dem Bedarf liegt. Diese Spitzen können nicht mehr über die alpinen Pumpspeicherkraftwerke abgefangen werden, d.h. die Aufnahme dieser „Überschussenergie“ in Gebäuden und ganzen Quartieren erhöht deren direktgenutzten erneuerbaren Anteil und entlastet die Stromnetze, bzw. reduziert die erforderliche Speicherkapazität von aufwändigen saisonalen Großspeicherlösungen (FHTW, 2019).

Durch die Nutzung der vorhandenen Energieflexibilitätspotentiale in einer entsprechenden Regelung kann der Eigenverbrauch der PV-Anlage erhöht und der Bedarf aus dem elektrischen Netz verringert werden, sodass auch eine gewisse Dienlichkeit für das Netz entsteht.

Eine konkrete Rolle kann hier auch die E-Mobilität spielen, falls diese in das Gesamtkonzept eingebunden wird. Diese kann ebenfalls als Flexibilität dienen und in die Regelung und Deckung eingebunden werden. Um bewusst als Flexibilität fungieren zu können, ist es notwendig, die Ladung der E-Autos der Ladekurve, also aktuellen Überschüssen, anzupassen bzw. folgen zu lassen. So werden die Batterien der E-Autos geladen, wenn zum aktuellen Zeitpunkt ein PV-Überschuss besteht oder ein Wind-Peak-Shaving Freigabesignal vorliegt. Auf diesem Wege können ebenfalls Bezugsspitzen bzw. durch die erweiterte Nutzung von PV-Strom Einspeisespitzen vermieden oder gekappt werden.