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Partizipation in der PraxisBarbara Hammerl

12.4 Formelle und informelle Beteiligung

Ein weiteres wichtiges Begriffspaar ist jenes der formellen und informellen Beteiligung: Die formelle (hoheitliche) Beteiligung begründet sich auf einer Rechtsvorschrift und ist hinsichtlich Beteiligtenkreis und -rechte, Fristen und Abläufe sowie Verbindlichkeit der Ergebnisse klar festgelegt. Beispielsweise können Grundeigentümer und Nachbarn im Verfahren zur Erstellung eines Bebauungsplanes (Instrument der örtlichen Raumplanung) innerhalb einer 8-wöchigen Auflagefrist Einwendungen erheben, die dann von der Behörde behandelt werden müssen.

Die informelle Beteiligung ist ein freiwilliges Instrument und wird im Idealfall bereits im Vorfeld zur formellen Beteiligung eingesetzt. Informelle Formen der Beteiligung beruhen auf bürgerschaftlichem Engagement und einer Kultur der Kooperation zwischen den Beteiligten. Sie zielen auf eine gemeinsame Bearbeitung von Fragestellungen sowie eine einvernehmliche Lösung ab. Die weitere Umsetzung bzw. Berücksichtigung der gemeinsam erarbeitenden Ergebnisse kann sehr unterschiedlich sein muss aber in jedem Fall im Vorfeld festgelegt und transparent gemacht werden (empfehlender Charakter für ein Entscheidungsgremium oder verbindlich zu übernehmende Lösung).

In der Praxis der Beteiligung wurden in den letzten Jahrzehnten viele informelle Methoden (weiter)entwickelt, die je nach Zielsetzung, Teilnehmerkreis, Gruppengröße oder verfügbarem Budget eingesetzt werden können (kooperative Planungsworkshops, Charrette, Planungszellen, Zukunftskonferenz, Open Space, World Cafe, etc.).

Einen guten Überblick über Beteiligungsmethoden finden Sie auf folgenden Seiten:

Partizipation & Nachhaltige Entwicklung in Europa. Informationswebsite des Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) www.partizipation.at

Praxisbuch Partizipation. Gemeinsam die Stadt entwickeln. PDF

Handbuch zur Partizipation: PDF

Die folgende Tabelle zeigt Nutzen und Mehrwert von Beteiligung aus der Perspektive unterschiedlicher Akteursgruppen:

Politik

Öffentliche Verwaltung

Beteiligte BürgerInnen, Akteursgruppen

Unternehmen / Projektentwickler

Demokratie­bewusstes Image (mehr Bürgernähe, höhere Identifikation mit der Gemeinde/ Region, lokale Demokratie)

Unterstützung der Entscheidungs-vorbereitung (zusätzliche Informationen durch Einbinden lokalen Wissens, Informationsaustausch, Entlastung durch Delegieren von Arbeiten)

Einbringen eigener Wertvorstellungen, Interessen und Ideen sowie Nutzung einer demokratischen Kultur

Erhöhung der Akzeptanz für das Projekt in der Öffentlichkeit, Imagegewinn (im Sinne von gesellschaftlicher Orientierung und modernerem Selbstverständnis)

Stärkung der Akzeptanz politischer Entscheidungen (höhere Treffsicherheit)

Beschleunigung von Behördenverfahren durch frühzeitigen Interessensausgleich (weniger Einwendungen, Stellungnahmen und nachträgliche Beschwerden)

Mitgestaltung von Projekten bzw. Beeinflussung von Entscheidungen, welche die persönliche Lebensqualität betreffen

Verringerung des unternehmerischen Risikos (z.B. durch höhere Treffsicherheit der UVE) und Erhöhung der Chance auf rasche Realisierung von Projekten (Planungssicherheit)

Verbesserung von Informationsfluss und Kommunikation mit BürgerInnen

Reduktion von politischem und öffentlichem Druck (Entscheidungs-vorbereitung wird an Interessensgruppen delegiert und dadurch transparent)

Hebung des Selbstwertgefühls (Gefühl des „Ernst-Genommen-Werdens“) Selbstverantwortung und Selbstbestimmung

Erhöhung der inhaltlichen (Ergebnis)qualität durch Berücksichtigung von externen Ideen (Stärkung der Innovationskraft)

Wissenszuwachs in Bezug auf Erfahrungen und Interessen anderer Beteiligter

Direkterer Zugang zu relevanten Informationen, Wissens- und Erfahrungsgewinn

Vertiefung des Verständnisses für wirtschaftliche und öffentliche Interessen

Langfristige Verbesserung der Beziehungen zu (regionalen) Interessensgruppen

Erweiterte Entscheidungs­vorbereitung durch repräsentative Öffentlichkeit

Förderung der Kooperation innerhalb der Verwaltung bzw. mit externen Akteursgruppen (Governance)

Vertiefung des Verständnisses für Rahmenbedingungen der öffentlichen Verwaltung

Kompetenz- und Wissenszuwachs für die Abwicklung zukünftiger Projekte