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Partizipation in der PraxisBarbara Hammerl

12.5 Urbane Innovationslabore (urban living labs)

In den letzten Jahren ist eine steigende Bedeutung von “Open Innovation” bzw. „Living Labs“ Ansätzen im Bereich der Stadtentwicklung zu beobachten. Das European Network of Living Labs (ENoLL) definiert “Living Labs” als “user-driven innovation environment where users and producers co-create innovation in a trusted, open ecosystem that enables business and societal innovation”.

Die Idee baut auf Open Innovation Ansätzen aus der Innovationstheorie auf, die darauf abzielen, externe Ressourcen in den Innovationsprozess (beispielsweise von Produkten und Dienstleistungen) zu integrieren. Durch das Open Innovation Prinzip wandelt sich die Rolle des passiven Konsumenten zunehmend in Richtung aktiver „Prosumenten“. Ein „Living Lab“ kann somit zum einen als innovationsfördernde Umgebung verstanden werden, anderseits aber auch als Innovationsmethode mit sehr konkreten Werkzeugen und iterativen Abläufen.

Das Konzept der „Living Labs“ wurde mittlerweile in die europäische Innovationspolitik aufgenommen und findet auch im urbanen Kontext seine Anwendung (Stichwort: Smart City Labs, Urban Labs). Zu wichtigen Grundprinzipien von „Living Labs“ zählen:

  • Öffnung von Entwicklungsprozessen und inklusive Beteiligung: Qualitätsvolle Stadtentwicklung erfordert Ressourcen, Kompetenzen und Expertisen möglichst vieler Menschen und Disziplinen, um neben dem notwendigen Fachwissen auch das (lokale und Alltags-)Wissen von BewohnerInnen, AktivbürgerInnen, Unternehmen, zivilgesellschaftlichen AkteurInnen oder Kunst- und Kulturschaffenden einbinden und nutzen zu können. Damit dies gelingen kann, sind professionelle Planung von Beteiligung, hohe Methodenkompetenz sowie Kontinuität und Reflexionsprozesse unabdingbar. Das alles passiert nicht nebenbei, sondern braucht außer einer von allen Seiten akzeptierten und allparteilich agierenden intermediären Instanz auch entsprechende finanzielle Ressourcen. Die Praxis zeigt hier bereits eine Vielzahl an Beteiligungsmodellen und -methoden (z.B. Planungszelle, Charette-Verfahren, …).
  • Design geeigneter Dialog-, Lern-, und Kooperationsformate und -räume: Hier geht es angesichts immer kürzer werdender Innovationszyklen nicht nur darum, Wissen schneller und umfassender als bisher zu teilen bzw. gemeinsam zu entwickeln, sondern auch darum, Dialog- und Lernprozesse als Erfahrungsprozesse zu gestalten. Lernende, egal ob aus Unternehmen, Forschung, Politik, Verwaltung oder Gesellschaft müssen über die Bearbeitung konkreter Problemstellungen in alltagsnahen Lernumgebungen neue Wege der Problemanalyse und -lösung (mit allen Sinnen!) erfahren können. „Living Labs“ fordern hier ein deutliches Verlassen der „Komfortzone“ steriler Konferenz- und Seminarräume und das Schaffen niederschwelliger, für alle zugänglicher Begegnungsräume am Ort des Geschehens (Straßenlokale, Co-Working Spaces, etc.). Hackatons, Barcamps, Learning Safaris, Design Thinking sind nur einige Beispiele aus der Praxis, die hier immer wieder neue Methoden hervorbringt und ausprobiert.
  • Co-Creation, Experimentieren und Prototyping: Ein Kernelement und Ziel des „Living Lab- Ansatzes“ ist es, deutlich schneller als bisher vom Reden ins Tun zu kommen. Um die Kluft zwischen Denken und Handeln, zwischen Forschung und Umsetzung zu überwinden, braucht es „Hands-on-Formate“ mit (temporären) Experimenten, Prototypen und iterativen Problemlösungsprozessen, die unterschiedliche Disziplinen, Wissensformen, Akteure, Methoden und Problemlösungsansätze zusammenbringen.