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Kommunikation in Planungsprozessen – Theoretische GrundlagenJulia Forster, Werner Tschirk, Andreas Voigt, Hans Peter Walchhofer

12.10 Kooperative Planungsmodelle – Theoretische Grundlagen zur Partizipation in der Raumplanung

Seit etwa der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben sich Stadt- und Raumplanung als eigenes Arbeits- und Berufsfeld entwickelt. (Wékel, A., 2008: 18-40) Mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten und Aufgabenfeldern ging und geht es immer darum, die „Umwelt zu verbessern“ – nur das „wie“, auf welche Art und Weise geplant wird, hat sich entscheidend verändert. Der Grund dafür liegt darin, dass Raumplanung eng mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verknüpft ist. Wenn sich die Gesellschaft, das Denken und damit die Sicht auf die Wirklichkeit ändern, führt dies zwangsläufig auch zu Veränderungen im Planungsverständnis.

Ein einschneidender Bruch im Verständnis, in der Schwerpunktsetzung und im Aufgabenspektrum der Raumplanung ist zu Beginn der 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts festzustellen:

Die Ölkrisen (1973 und 1979/80), die in den Industrieländern deutliche Rezessionen auslösten, die veröffentlichte Studie „Die Grenzen des Wachstums“ (Meadows, Randers, 1972, engl. Originaltitel: „The Limits to Growth“), neue soziale Bewegungen und schließlich der Beginn des Strukturwandels in Westeuropa mit Massenarbeitslosigkeit infolge der Rezession nach der Zeit des Wiederaufbaus haben den Glauben an die Planbarkeit und Steuerbarkeit der Zukunft ebenso wie die Wissenschafts- und Technikgläubigkeit getrübt.

Dazu kam die Forderung nach einer ökologisch orientierten Stadtplanung und nach Umkehrbarkeit, Flexibilität und Nachhaltigkeit von Planungen. Mit der Abkehr von den großen Projekten und Utopien entwickelten sich in der Stadt- und Raumplanung vermehrt Methoden und Instrumente mit einem prozesshaft-kommunikativen und strategischen Charakter. Planungstheoretiker wie zum Beispiel Klaus Selle oder Horst Rittel entwickelten kooperative und kommunikative Planungsansätze, die als Grundlage der Partizipation in der Raumplanung gesehen werden können.

Die Kernaussage vom kooperativen Planungsmodell von Selle (vgl. Selle 1996) ist, dass Probleme nicht durch umfassende Pläne gelöst werden können, weil in einer fragmentierten Gesellschaft Problemanalyse und Problembewertung sehr unterschiedlich ausfallen. Die Komplexität der realen Welt ermöglicht kein „generalisierbares Planungsinstrumentarium“ und darum ist eine „offene“, kooperative Arbeitsweise vonnöten.

„Wer also räumliche Entwicklungen zielgerecht beeinflussen will, muss in sein Denken und Handeln stets auch die Überlegungen und Aktivitäten der anderen Beteiligten einbeziehen“, sagt Selle. Sowohl das Ergebnis als auch der Weg dahin sollten in einem offenen Prozess mit allen Beteiligten diskutiert werden. Keiner sollte die alleinige „Definitionsmacht“ haben.

Nach Horst Rittel (1992) sollten möglichst viele und möglichst unterschiedliche Menschen an einer Planung beteiligt sein. Im seinem Planungsmodell ist von „bösartigen Problemen“ die Rede. Er ist der Auffassung, dass komplexe Planungsaufgaben der Stadtentwicklung Eigenschaften haben, welche es schwierig machen, mit ihnen umzugehen. Dies sind zum Beispiel: hohes Maß an Nichtwissen, vieler Akteure. Entscheidungen können nicht als „richtig“ oder „falsch“ beurteilt werden etc.